Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: 11 U 94/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 513 Abs. 1 Alt. 1
ZPO § 546
BGB § 123 Abs. 1
BGB § 142 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB § 434 Abs. 1 Satz 1
BGB § 446 Satz 1
BGB § 464 a.F.
BGB § 566
Auch nach dem modernisierten Schuldrecht bedarf es für den Rücktritt vom Vertrag keiner Nacherfüllungsfrist, wenn dies von vornherein sinnlos erscheint, weil der Schuldner bereits zuvor fehlende Erfüllungsbereitschaft zum Ausdruck gebracht hat.

Sucht der Verkäufer ein offensichtlich mit mehreren Mängeln behaftetes Grundstück zu übergeben und stellt er auf die Rüge eines Mangels durch den Erwerber lediglich die Beteiligung an den Beseitigungskosten in Aussicht, kann der Käufer sogleich vom Vertrag zurücktreten.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 94/03 OLG Naumburg

verkündet am: 24. Febr. 2004

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Vollstreckungsabwehrklage,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2004 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Joost für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2003, Geschäftszeichen: 10 O 695/03 (121), abgeändert:

Die Zwangsvollstreckung aus dem Grundstückskaufvertrag der Parteien vom 18. Juli 2002, UR-Nr.: 42/2002 des Notars R. W. aus H. , wird für unzulässig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 25.000,00 Euro.

Gründe:

[ A ]

Zunächst wird auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Zeitungsinserat des Beklagten bezog sich auf ein "Gartengrundstück mit Einfamilienhaus". Das Grundstück ist 422 m² groß. Der Kläger besichtigte das Anwesen Mitte Juni 2002 in Begleitung der Zeugin J. . Das Haus war bewohnt und machte auf den Kläger insgesamt einen dem Alter angemessenen Eindruck.

In § 3 Abs. 4 des Grundstückskaufvertrages vom 18. Juli 2002 <Bl. 15-25 d.A.> heißt es:

"Das Haus ist vermietet. Das Mietverhältnis ist dem Käufer bekannt.

Die Vertragsparteien wurden vom Notarvertreter darauf hingewiesen, daß gemäß § 566 BGB der Käufer die rechtliche Stellung als Vermieter erst mit Umschreibung des Eigentums erlangt. Eine anderweitige Regelung wird von den Vertragsparteien nicht gewünscht".

Die Übergabe des Kaufgegenstandes sollte am Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung erfolgen.

Den Zustand des Objektes, wie er sich am 12. September 2002 darstellte, hat der Kläger fotografisch festgehalten. Insoweit wird auf die zur Akte gereichten Fotos verwiesen <Bl. 34-43 d.A.>. Das Haus wies kein Schloss auf und stand, wie das Grundstück insgesamt, offen. Die bei der Besichtigung durch den Kläger vorhandenen Nachtspeicheröfen waren ausgebaut, sodass ein Beheizen nicht mehr möglich war. Der Stromzähler und damit die Versorgung mit Elektroenergie fehlten. Die Gartenpforte war ausgebaut und nicht mehr vorhanden. Der Hof und der Garten zeigten sich voll mit hinterlassenem oder auf das Grundstück verbrachtem Müll, insbesondere Bauschutt und Asbestplatten.

Der Kläger hat behauptet, er sei am Tag der geplanten Übergabe über den Zustand des Objektes empört gewesen. Hierauf habe der Beklagte erklärt, der Kläger solle sich wegen des Mülls an die Müllabfuhr wenden. Die Schlüssel für das eingebaute Schloss habe der Kläger in Empfang nehmen sollen, was von ihm abgelehnt worden sei. Der Beklagte habe die Schlüssel deshalb nachfolgend einfach in den Briefkasten des Klägers eingeworfen.

Im Einzelnen seien die bei der Besichtigung vorhandenen neuen Kunststofffenster bis auf das Wohn- und das Kinderzimmer ausgebaut und durch alte, verschlissene ersetzt worden. Die noch vorhandenen Kunststofffenster habe man offenbar nicht herausbekommen, bei dem Versuch des Ausbaus aber beschädigt. Im gesamten Wohngebäude und im Nebengelass seien Unmengen von Müll vorgefunden worden. Am Haus selbst hätten sich massive Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelbefall gezeigt. Sämtliche Fußböden seien verrottet und teilweise verfault gewesen. Der Fußboden der 1. Etage habe ein großes Loch aufgewiesen, in dem Ratten hausten. Neuwertige Elektroleitungen und -schalter, einschließlich der Hofbeleuchtung seien entfernt worden. Insgesamt habe sich dem Kläger ein deutlich anderer Zustand als zum Zeitpunkt der Besichtigung gezeigt.

Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass die Mieter beim Auszug die Elektroleitungen, die Nachtspeicheröfen, die neuen Fenster und die Gartenpforte entfernen würden. Er habe auch um den Schimmelbefall, die vorhandenen Feuchtigkeitsschäden, den Befall mit Hausbockkäfern und die faulenden Hölzer gewusst, weil die Zeugin Sch. ihn hierauf aufmerksam gemacht habe. Den Kläger habe der Beklagte hierüber pflichtwidrig im Unklaren gelassen.

Der Beklagte hat vorgetragen, den Kläger reue nur der Kauf. Eine substantielle Verschlechterung habe es seit Abschluss des Kaufvertrages bis zum Übergabetermin nicht gegeben. Dennoch sei der Beklagte bereit gewesen, sich an den Räumungskosten zu beteiligen (Übernahme der Kosten des Containers), wobei der Kläger die Entfernung des Mülls habe allein veranlassen sollen <Bl. 73 d.A.>. Der Zustand des Gebäudes sei völlig nebensächlich gewesen, da der Kläger erklärtermaßen sowieso habe neu bauen wollen. Deshalb habe er, der Kläger, am 12. September 2002 das Grundstück auch kommentarlos in Besitz genommen. Da der Kläger den Zustand des Grundstücks und des Gebäudes aufgrund seiner Besichtigung gekannt habe, sei der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, ungefragt irgendwelche Hinweise bzw. Auskünfte zu erteilen. Im Wesentlichen seien die vom Kläger vorgetragenen Umstände dem Beklagten unbekannt gewesen. Die Sanierungs- und Reparaturbedürftigkeit des Gebäudes habe sich im Kaufpreis niedergeschlagen.

Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat durch Einzelrichterentscheidung vom 29. Juli 2003 die Vollstreckungsabwehrklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Rechtsschutzziel weiter verfolgt und beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars R. W. in H. vom 18. Juli 2002 unzulässig ist.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Er verteidigt das Urteil des Landgerichts und verweist auf den im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Dem Kläger sei die erhebliche Sanierungs- und Reparaturbedürftigkeit des Gebäudes bekannt gewesen. Zumindest habe der Kläger die Mängel aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Auf den Grundstückszustand sei es dem Kläger nicht angekommen, denn er habe dem Beklagten bereits vor Vertragsabschluss erklärt, das Haus abzureißen. Immer sei von einer Neubebauung geredet worden. Hierüber sei man sich auch beim Vertragsabschluss einig gewesen. Eine substantielle Verschlechterung habe es mit Ausnahme der Nachtspeicheröfen sowie des Stromzählers zwischen dem Vertragsabschluss und der Übergabe im September 2002 nicht gegeben. Zur Müllentsorgung habe der Beklagte die Übernahme der Containerkosten zugesagt, wobei der Müll selbst vom Kläger auf Kosten des Beklagten habe beseitigt werden sollen.

[ B ]

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.

I. a) Das Landgericht hat ausgeführt, zu den Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei nicht hinreichend vorgetragen. Dass der Kläger durch Täuschung zum Abschluss des Vertrages bewegt worden sei, könne nicht ersehen werden. Der Kläger stelle nicht dar, in welcher Weise sich der Beklagte (wahrheitswidrig) zur Objektbeschaffenheit geäußert habe. Die enttäuschte Vorstellung des Klägers sei, nachdem er das Objekt besichtigt habe, unerheblich. Arglistiges Verschweigen durch den Beklagten werde nicht vorgebracht. Der Kläger habe ersichtlich nichts zu erfragen versucht, sodass der Zustand des Objekts vom Beklagten als bekannt vorauszusetzen gewesen sei.

b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Sie beruhen auf Rechtsverletzungen i.S.v. §§ 513 Abs. 1 Alt. 1, 546 ZPO, ja sogar auf der Verletzung des Rechts des Klägers, vor den Gerichten rechtliches Gehör zu finden (Art. 103 Abs. 1 GG).

Die Berufung weist zutreffend darauf hin, dass es dem Kläger mit der Anfechtung nicht darum ging, belogen worden zu sein. Vielmehr stellt das gesamte erstinstanzliche Vorbringen auf ein Unterlassen gebotener Aufklärung, also ein arglistiges Verschweigen ab. Dies hat das Landgericht anscheinend nur bedingt zu Kenntnis genommen. Ansonsten ließe sich die Urteilsbegründung nicht erklären. Ein arglistiges Verschweigen setzt keine Frage des Käufers, sondern lediglich voraus, dass der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 7. März 2003, V ZR 437/01 - Umdruck Bl. 7f. m.w.N.). Unter diesen Umständen musste der Kläger ungefragt aufgeklärt werden. Allein die vom Landgericht selbst als oberflächlich angesehene Besichtigung des Grundstücks war in keiner Weise geeignet, den Beklagten von notwendigen Hinweisen zu befreien, zumal der Kläger Mängel rügt, die damals noch nicht vorlagen oder von ihm nicht zu erkennen waren. Hierzu hat der Kläger in erster Instanz ausführlich vorgetragen und Beweis angeboten. Damit sieht er sich übergangen.

II. Im Ergebnis kommt es für die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers nach §§ 767 Abs. 1, 795 Satz 1, 797 Abs. 4, 794 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 ZPO nicht auf die Anfechtung nach §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB an. Der Grundstückskauf ist unabhängig davon durch den ebenfalls erklärten Rücktritt des Klägers in ein Abwicklungsverhältnis gewandelt, sodass ein zu vollstreckender Kaufpreisanspruch von 25.000 € nicht mehr besteht. Dies folgt zumindest aus §§ 437 Nr. 2; 440 Satz 1; 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1; 242; 346 ff.; 434 Abs. 1 Satz 1 u. 2; 433 Abs. 1 Satz 1 BGB, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beklagte dem Kläger das Grundstück i.S.v. § 446 Satz 1 BGB übergeben hat.

1. a) Das Landgericht hat ein Rücktrittsrecht des Klägers verneint, weil der Käufer dem Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung sei nicht ersichtlich. Da der Beklagte den vorgefundenen Zustand nicht zu vertreten habe, bestehe kein Anlass, dem Kläger ein sofortiges Rücktrittsrecht zuzubilligen.

b) Auch dies beruht auf einer Rechtsverletzung i.S.v. §§ 513 Abs. 1 Alt. 1, 546 ZPO, weil die Ansicht es Landgerichts, es sei von keiner ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung auszugehen, den vorgetragenen und dabei im Wesentlichen unstreitig gebliebenen Sachverhalt nicht ausschöpft (§§ 286 Abs. 1 Satz 1, 138 Abs. 3 ZPO) und zudem § 242 BGB übersieht.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zugestanden, das Grundstück sei von den Mietern voll mit Müll und Bauschutt zurückgelassen worden. Ebenso wenig sind die Fotos des Klägers <Bl. 34-43 d.A.> inhaltlich und von der zeitlichen Einordnung in Frage gestellt, sodass das Grundstück bei der Übergabe/dem Übergabeversuch, wie dargestellt, ausgesehen hat. Danach hat der Beklagte dem Kläger ein Grundstück angeboten, das offenbar über längere Zeit dem Zugriff Dritter ausgesetzt, nicht geräumt oder zur Ablagerung von Müll genutzt war und sich insgesamt in einem verwahrlosten Zustand befand. Dass dies nicht der vertraglich vereinbarten bzw. vorausgesetzten Beschaffenheit i.S.v. §§ 433 Abs. 1 Satz 2; 434 Abs. 1 Satz 1 u. 2 BGB entsprach, zieht selbst der Beklagte nicht ernsthaft in Zweifel. Die Tatsache, dass der Kläger auf dem Grundstück möglicherweise Abriss- und Bauarbeiten durchführen wollte, gestattete dem Beklagten keinesfalls, das Grundstück in derart bedauernswertem Zustand zu übergeben (vgl. unten 3.). Erklärt der Beklagte angesichts dessen lediglich, sich an den Kosten beteiligen zu wollen <Bl. 73 d.A.> und lehnt er eine weitergehende "Mitwirkung", insbesondere die eigenständige Beseitigung des Mülls ab, so vermittelt dies ernsthaft und endgültig, dass der Beklagte nicht bereit ist, den Vertrag zu erfüllen. Es war in keiner Weise Angelegenheit des Klägers, für die Beräumung des Grundstücks zu sorgen. In diesem Zusammenhang ist es daher unerheblich, wenn die Berufungsbegründung nunmehr das erstinstanzliche Vorbringen dadurch "aufwertet", dass aus dem Satz "Die Beräumung selbst sollte allerdings vom Kläger vorgenommen werden" <Bl. 73 d.A.> die Formulierung " wobei der Müll selbst vom Kläger auf Kosten des Beklagten beseitigt werden sollte" wird. Im Übrigen handelt es sich bei dem Einschub "auf Kosten des Beklagten" um neues Vorbringen, das nur unter eingeschränkten, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen im Berufungsrechtszug zulässig ist (§§ 513 Abs. 1 Alt. 2; 529 Abs. 1 Nr. 2; 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

c) Allein der Müll mag für ein aus dem Verhalten des Beklagten herzuleitendes sofortiges Rücktrittsrecht des Klägers noch unerheblich i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sein. Hinzu kommt allerdings der insgesamt fotografisch dokumentierte heruntergekommene Grundstückszustand, wie er zwischen den Parteien jedenfalls im Umfang der fehlenden Elektrizität, des Nichtverschlossenseins auch des Gebäudes, der fotografisch belegten stark beschädigten Sanitäreinrichtungen, der fehlenden Gartenpforte (gleich wer sie entfernt hatte) und der nicht vorhandenen Heizung unstreitig ist. So war das Grundstück ohne vorausgegangene Mängelbeseitigung nicht vertragsgerecht, weder zu Wohn- noch zu Sanierungszwecken, selbst wenn dies mit einem Gebäudeabriss einherging (vgl. unten 3.). Zur Herstellung des geschuldeten Zustands musste der Kläger dem Beklagten nicht noch einmal durch gesonderte Nacherfüllungsfrist Gelegenheit geben. Durch seine ablehnende Haltung zur Müllentsorgung hatte der Beklagte ausreichend zum Ausdruck gebracht, er werde sich keinesfalls bereit finden, die darüber hinaus gehenden weitaus aufwändigeren Mängelbeseitigungsarbeiten auszuführen bzw. ausführen zu lassen. Unter solchen Umständen ist es jeher anerkannt, dass der Gläubiger über § 242 BGB keine Frist setzen muss, weil diese Maßnahme von vornherein erfolg- und sinnlos erscheint (Anw.-Kom.-BGB/Dauner-Lieb, § 281 Rdn. 19 m.w.N.). Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof mehrfach zutreffend ausgesprochen, dass ein ohne die Durchführung der geschuldeten Schönheitsreparaturen ausziehender Mieter fehlenden Erfüllungswillen hinreichend dokumentiert (BGH, Urteil vom 10. Juli 1991, XII ZR 105/00 = NJW 1991, 2416, 2417; Urteil vom 19. November 1997, XII ZR 281/95 = NJW 1998, 1303-1305). Nichts anderes kann gelten, wenn der Verkäufer ein offensichtlich sachmängelbehaftetes Grundstück an den Käufer zu übergeben sucht, wie es der Beklagte getan hat. Unter solchen Umständen kann jeder Käufer davon ausgehen, dass der Verkäufer nicht bereit ist, noch irgendetwas am Kaufgegenstand zu korrigieren.

2. Ob es dem Beklagten tatsächlich gelang, dem Kläger am 12. September 2002 das Grundstück zu übergeben, kann offen bleiben. Bis zum Gefahrübergang gelten die §§ 280, 281, 284, 323 BGB unmittelbar. Nach Gefahrübergang wird hierauf durch die §§ 437-442 BGB verwiesen. Selbst wenn die Gefahr übergegangen wäre, ergäbe sich das Rücktrittsrecht des Klägers aus §§ 437 Nr. 2; 433 Abs. 1 Satz 2; 434 Abs. 1 Satz 1 u. 2; 440; 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Abnahme des Grundstücks hindert den Kläger in diesem Fall nicht daran, gestützt auf Sachmängel vom Vertrag zurückzutreten (BGH, Urteil vom 24. Januar 2003, V ZR 248/02 - Umdruck S. 8). § 464 BGB a.F. ist ersatzlos entfallen. Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind jetzt nur noch dann ausgeschlossen, wenn er den Mangel bei Vertragsabschluss kannte (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB), oder eingeschränkt, wenn ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Beides stellt sich hier nicht, weil sich der Kläger auf Mängel bezieht, die zwischen Vertragsabschluss und Gefahrübergang eingetreten sind. Deshalb kommt es auch auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss nicht an. Dieser greift für nach Vertragsabschluss eingetretene Mängel im Zweifel nicht ein (BGH, Urteil vom 24. Januar 2003, V ZR 248/02 - Umdruck S. 7 ff.).

Die vom Beklagten für sich in Anspruch genommene Übergabe führt so lediglich zu einer anderen Beweislastverteilung. Es ist in diesem Fall der Kläger, der die Mangelhaftigkeit des Grundstücks darlegen und beweisen muss. Dass der Kaufgegenstand nach Vertragsabschluss weitergehend mangelhaft geworden ist, lässt sich aber bereits dem unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien entnehmen.

3. Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Sache frei von Mängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien ist nicht ersichtlich. Vor allem die vom Beklagten vorgetragene Abrissgrundstückseigenschaft lässt sich den getroffenen Absprachen nicht entnehmen. Die Umstände und der Inhalt der Vertragsurkunde sprechen vielmehr dagegen.

Der Beklagte hat ein Gartengrundstück mit Einfamilienhaus angeboten. An dieser Sicht des Kaufgegenstandes hat sich nach dem Wortlaut des Grundstückskaufvertrages nichts geändert. Noch im notariellen Vertrag wird das Haus als vermietet beschrieben und der Beklagte trägt selbst vor, dem Kläger sei die Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes bekannt gewesen, was sich im Kaufpreis niedergeschlagen habe <Bl. 49 d.A.>. Dann kann der Abriss nicht zum Vertragsinhalt geworden sein. Andernfalls hätte das Gebäude keinen Kaufpreiseinfluss gehabt, was nach der Kaufpreishöhe (422 m² in W. für 25.000,00 Euro) und dem Vorbringen des Beklagten gerade der Fall war. Außerdem hätte der Beklagte für die Abriss- und Entsorgungskosten weitergehende Preisabschläge hinnehmen müssen. Hiernach hat sich der Beklagte die nach seinem Sachvortrag vom Kläger geäußerte Vorstellung, hier könne nur noch abgerissen werden, nicht so zu eigen gemacht, dass sie zum Vertragsinhalt erhoben wurde, selbst wenn man sich bei Vertragsabschluss darüber einig war, wie die Berufung neu i.S.v. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2; 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorträgt. Nicht alles, worüber man sich einig ist, wird Inhalt des Grundstückskaufvertrages. Hinzukommen muss vielmehr der übereinstimmende Wille, diese Einigung dem auf Kauf gerichteten rechtsgeschäftlichen Willen zuzuordnen. Hieran fehlt es nach dem Inhalt der notariellen Urkunde und dem Vorbringen des Beklagten. Es blieb allein beim Kläger, darüber zu entscheiden, wie er das gekaufte Grundstück verwenden wollte.

Der vom Beklagten geschuldete Zustand definiert sich aus der vertraglich vorausgesetzten Nutzung zur Vermietung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), womit das Gebäude bzw. das Grundstück im Allgemeinen, wenn auch aufgrund einiger Unzulänglichkeiten bescheidenen Wohnbedürfnissen genügen musste. Diese Beschaffenheit wies das Grundstück am 12. September 2002 nicht auf, was sich insgesamt als Mangel darstellt, der dem Kläger den Rücktritt vom Vertrag gestattete (§ 437 Nr. 2 BGB), ohne dass es auf ein Verschulden des Beklagten ankäme (Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl., § 433 Rdn. 21, § 437 Rdn. 22). Der Verkäufer haftet auch für Sachmängel, die nach Kaufvertragsabschluss entstanden sind und bei Gefahrübergang noch bestehen (Palandt/Putzo, § 434 Rdn. 8).

4. Der Rücktritt führt zu einem Abwicklungsverhältnis. Dem Beklagten steht kein Kaufpreisanspruch aus dem notariellen Vertrag zu. Er darf deswegen nicht mehr aus der Urkunde vollstrecken (§ 767 Abs. 1 ZPO).

[ C ]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu, weil keine entscheidungserheblichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen sind und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert ist nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 GKG, 3, 4 ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück